Sie haben deutsch-arabische Geschäftsbeziehungen untersucht. Was ist an ihnen besonders – im Vergleich zu anderen internationalen Geschäftskontakten?
Ob sich die Beziehungen zu arabischen Geschäftspartnern von Beziehungen zu beispielsweise lateinamerikanischen Partnern unterscheiden, kann ich nicht beantworten. Wir interessieren uns nicht für kulturelle Dimensionen – so sind die Araber und so sind die Deutschen –, wie das viele Orient-Ratgeber tun. In unserer Forschung geht es nicht um Nationalitäten, sondern um Situationen.
Was kritisieren Sie an Orient-Ratgebern?
Problematisch an Kulturratgebern ist, dass dort Dichotomien aufgestellt werden, die sehr verallgemeinernd sind und der Realität nicht entsprechen, schon gar nicht im Business-Kontext. Da reden wir über eine globalisierte Community. Die jüngeren Manager am Golf haben an den besten Universitäten der Welt studiert und einen Großteil ihres Lebens im Ausland verbracht. Das sind Menschen, die die Rituale der Business Community verinnerlicht haben.
Welche Dichotomien sind das beispielsweise?
Araber sind kollektivistisch, Deutsche individualistisch. Araber reden indirekt, Deutsche direkt. In unserem Forschungsprojekt haben wir festgestellt, dass es schlicht falsch ist zu sagen, ein Manager am Golf sei kollektivistisch orientiert und rede indirekt. Diese Verallgemeinerungen helfen Geschäftsleuten nicht, sie tun genau das Gegenteil. Da wird mit viel Fantasie einiges erfunden, ohne jemals den Fuß in ein arabisches Unternehmen gesetzt zu haben. Ich nenne dieses Phänomen deshalb auch den „interkulturellen Karl-May-Effekt“.
Was ist Ihrer Ansicht nach wichtig in der Vorbereitung auf Kontakte mit arabischen Partnern?
Sich auf Situationen und Interaktionen einzustellen. Selbstreflexion zu üben, dass man sich beobachten und fragen kann, welche Erwartungen habe ich, welche Stereotype bestimmen mein Handeln? Und Menschen darin zu trainieren, sich flexibel auf neue Situationen einzustellen.
Welche Aspekte sind für das Gelingen von Geschäftskontakten besonders wichtig?
Wir haben uns sehr intensiv mit dem Vertrauen befasst. Wenn Sie Mitarbeitern misstrauen und sie deshalb kontrollieren, dann kostet das Zeit und Geld. Wenn man aber in der Lage ist, bei seinem Geschäftspartner zu erkennen, ob er pure Verlässlichkeit anstrebt oder ob zum Vertrauen auch eine freundschaftliche Komponente und Sympathie gehören, dann kann man entsprechende Verhaltensweisen entwickeln, die eine Vertrauensbildung fördern. Nur in einem Fall ist das fast unmöglich, nämlich wenn echtes Vertrauen nur der Familie oder dem Clan vorbehalten ist.
Findet sich dieses Muster nicht besonders im arabischen Raum?
Alle diese Muster tauchen, wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung, bei deutschen wie arabischen Geschäftsleuten auf. Die Araber sind nicht immer nur auf Beziehungen aus. Dagegen versuchen viele Deutsche im Ausland, in ihren Geschäftsbeziehungen soziale Kontakte aufzubauen. Sie sind oft diejenigen, die private Beziehungen initiieren, und manchmal ist das für ihre arabischen Partner eher lästig.
Die Börse in Dubai bricht gerade zusammen. Gibt es noch Vertrauen in die arabische Wirtschaft?
Die jetzige Krise betrifft lediglich Dubai. Von Problemen der anderen Emirate ist noch keine Rede, auch die anderen Golfstaaten und erst recht nicht die ganze arabische Wirtschaft sind betroffen. Die deutsche Wirtschaft wird weiterhin Interesse an den arabischen Ländern haben und umgekehrt. Da vertraue ich ganz auf den Geschäftssinn der Kaufleute hier wie auch in der arabischen Welt.
Das Interview führte Karola Klatt