Sie waren der Schirmherr der New Yorker UN-Konferenz politischer Karikaturisten...
Die Idee entstand, als ich 1991 Jassir Arafat traf. Damals konnte er das Wort Israel nicht aussprechen. Also habe ich ihn die israelische Flagge malen lassen. 1992 bat ich den israelischen Außenminister Shimon Peres, die Zeichnung fortzusetzen. Ich hatte also beide Unterschriften – noch vor den Friedensverträgen von Oslo. Zeichnungen können ihrer Zeit weit voraus sein.
Ihre Meinung zu den Mohammed-Karikaturen?
Über das Internet sind Karikaturen heute weltweit verfügbar. Das ist Segen und Fluch zugleich. Wir Europäer haben in unserer Freiheit auch eine große Verantwortung. Noch vor zweihundert Jahren wäre man hier bestraft worden, wenn man Jesus beim Beischlaf mit Maria Magdalena gezeichnet oder den Papst lächerlich gemacht hätte. Heute ist das in Europa anders, aber woanders gibt es noch Grenzen.
Was bedeutet das für Ihre Arbeit?
Im letzten Jahr habe ich für die ägyptische Zeitung Akhbar Al-Adab eine verschleierte Frau mit ihren Töchtern gezeichnet, die Jeans und Stringtanga trugen. Ich wollte das Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen thematisieren, allerdings führte der Abdruck dazu, dass der Chefredakteur Gamal Al-Ghitani Morddrohungen erhielt. Karikaturisten müssen intelligent sein. Wir werden zwar weiterhin Grenzen sprengen und Verbote umgehen, aber stets im Bewusstsein, dass unsere Arbeit von Fanatikern manipuliert werden kann.
Sollte man den Propheten Mohammed also nicht karikieren?
Das Problem der dänischen Karikaturen war, dass nicht ein Islamist gezeichnet wurde, sondern ein Prophet. Ich habe zwar noch einige Rechnungen mit den Bärtigen, den Intoleranten und anderen offen – aber nicht mit Gott.
Und was ist mit Ihrer Mohammed-Karikatur?
Sie entstand auf dem Rückflug aus den Vereinigten Staaten. Ich hatte nur wenig Zeit, nahm einfach ein Blatt Papier, fing an zu schreiben: „Ich soll nicht den Propheten Mohammed zeichnen.“ Aus den Schriftzügen entstand ein Gesicht. Reaktionen blieben aus. Keine Morddrohung, gar nichts. Es geht um Taktgefühl. Israel zu kritisieren ist absolut normal, die Juden allerdings mit Hakennasen und Nazi-Mützen zu zeichnen, davon rate ich ab.
Das Interview führte Jérome Cholet, Jahrgang 1979, freier Journalist in Südafrika.