Bernd Wagner, leitender Redakteur der „Kulturpolitischen Mitteilungen“, gehört zu denjenigen, die die kultur- und theaterpolitischen Debatten über Jahre immer wieder mit neuen Ideen und mit Engagement befruchtet haben. Obwohl kulturpolitisch längst etabliert, hat er sich an die Arbeit einer kulturtheoretischen Dissertation gemacht. Sie wurde 2008 an der Stiftungsuniversität Hildesheim angenommen und liegt jetzt als wohl wichtigste Publikation zur Geschichte der Kulturpolitik vor.
Wagner untersucht die Traditionslinien der Kulturpolitik-Geschichte, wofür ihm als Grundlage das Prinzip der „Autonomie von Kunst und Künstler gegenüber ihrer Einbindung in Religion, Macht und Alltag“ als Leitvorstellung dient. Als Beleg für das Herausbilden von Kultureinrichtungen analysiert er die Periode der höfischen, bürgerlichen und proletarischen Kultur bis hin zur Neuen Kulturpolitik in den 1970er-Jahren eingehend. Schon allein seine Hinweise auf bisher von der Kulturpolitik-Forschung nicht beachtete Dokumente lohnen die Lektüre.
Wagner beachtet stringent die epochenhafte Verschränkung von Kultur und Politik und bringt die Entwicklung in ihrer Genesis kulturpolitisch auf den Punkt. Mit dieser erstmaligen Gesamtschau kulturgeschichtlicher und kulturpolitischer Darstellung hat er neue Maßstäbe gesetzt.
So ist Hermann Glaser durchaus recht zu geben, wenn er in seinem Geleitwort zum Buch feststellt, dass Wagners Dissertation ein „imposanter Markstein (...) im Bereich von Kulturarbeit und Kulturgeschichte“ ist und eine „unentbehrliche Orientierung“ darstellt.
Vergleichbare kulturpolitikgeschichtliche Untersuchungen wären auch für andere westeuropäische Länder wünschenswert – nicht zuletzt, um die kulturelle Dimension Europas für jedermann deutlich ins Blickfeld zu rücken.
Fürstenhof und Bürgergesellschaft. Zur Entstehung, Entwicklung und Legitimation von Kulturpolitik. Von Bernd Wagner. Klartext Verlag, Essen, 2009.