Selber machen!

Eine Schale aus Obst

Wie aus Bioabfall in Bangkok Geschirr wird

Zwei umgestülpte Melonenschalen mit Deckel.

Getrocknet und umgestülpt werden diese Melonenschalen zum Aufbewahrungsgefäß für Snacks oder Süßigkeiten

Ich bin Dozentin für nachhaltiges Design an der Kasetsart-Universität in Bangkok. In meinen Designs beziehe ich vieles, was andere nur als wertlosen Abfall sehen, mit ein. Ich möchte den Studierenden zeigen, wie man Umweltschutz mit Design zusammenbringen kann, um Lösungen für die Probleme unserer Zeit zu finden. Generell habe ich den Eindruck, dass in Bangkok zwar alle sagen, dass ihnen die Umwelt wichtig ist. Aber viele verstehen noch nicht, wie sie durch ihr Konsumverhalten zur Zerstörung der Umwelt beitragen. Wenn sie ins Café gehen, greifen sie zum Plastikstrohhalm oder dem Einweg-Kaffeebecher. Es ist sehr schwierig, diese typisch städtische Mentalität zu ändern. Darum finde ich es so wichtig, dass wir gerade an den Unis neue Denkansätze verfolgen und den Menschen zeigen, wie es auch anders gehen kann.

Vor einiger Zeit habe ich ein Forschungsprojekt mit Studierenden durchgeführt, das wir das „Scrapify Project“ genannt haben: Dabei habe ich die Studierenden dazu aufgefordert, aus Abfall Gebrauchsgegenstände herzustellen. In meinem Kurs haben wir uns auf das Thema Lebensmittelverschwendung konzentriert, weil es an unserer Uni so viel Müll gibt. In Thailand wachsen unglaublich viele unterschiedliche Sorten Obst. Oft werden aus den essbaren Bestandteilen der Früchte schöne Arrangements hergestellt. Aber die Schalen landen normalerweise einfach im Müll. Ich kam auf die Idee, in der Klasse damit herumzuspielen und zu schauen, was man alles aus Fruchtschalen machen kann. So entstand das Design des „Biologisch abbaubaren Geschirrs“, das ich hier vorstellen möchte: Wir haben die Fruchtschalen getrocknet und umgestülpt, sodass die natürliche widerständige äußere Schicht als wasserdichtes Gefäß genutzt werden kann.

Für diese biologisch abbaubaren Gefäße braucht man nur ein Messer, einen Löffel, Fantasie und Kreativität

Das Ergebnis sieht nicht nur sehr originell aus, es kann auch problemlos vier bis fünf Jahre verwendet werden, wenn man ein paar simple Gebrauchshinweise beachtet: Die Gefäße eignen sich am besten als Snackschalen für trockene Dinge wie Süßigkeiten, Trockenfrüchte oder Nüsse. Man kann aber auch Wasser oder Suppe daraus trinken. Doch danach muss man das Gefäß sorgfältig trocknen lassen, bevor man es wiederverwendet – sonst kann es schimmeln. Viele der Studierenden haben weiter damit herumexperimentiert, haben beispielsweise die so entstandenen Gefäße mit Bienenwachs eingerieben, um sie noch länger haltbar zu machen. Besonders Kreative haben auch noch kleine Griffe oder Stile wie bei einem Weinglas aus Holzresten gebastelt und an den Schalen befestigt. Der einzige etwas kompliziertere Schritt bei der Herstellung ist das Umstülpen. Die umgestülpte Fruchtschale soll sich ja nicht automatisch wieder zurückstülpen. Aber wenn man das Gefäß beim Trocknen mit etwas Draht, Zeitungspapier oder ähnlichem ausfüllt, klappt auch dieser Schritt gut. 

Ich sage immer: Jeder kann ein Designer oder eine Designerin sein. Das ist das Schöne daran – wenn man eine Frucht in der Hand hat, liegt es an einem selbst, was man daraus macht. Man muss nur mit ihr spielen, kreativ mit der Form umgehen, sie sich in anderen Formen vorstellen können. Und: Obst bekommt man überall auf der Welt. Man braucht nur eine Obstsorte mit einer einigermaßen widerstandsfähigen Schale, dann kann damit herumexperimentiert werden. Besonders in Zeiten der Quarantäne während der Corona-Pandemie war das für mich eine sehr unterhaltsame Beschäftigung. Viele meiner Studierenden leben in Wohnheimen und haben dort keine Küche zur Verfügung. Aber für diese biologisch abbaubaren Gefäße braucht man nur ein Messer, einen Löffel, Fantasie und Kreativität.

Protokolliert von Gundula Haage

Die illustrierte Anleitung für diese Obstschalen ist in der Printausgabe des Heftes zu finden. HIER BESTELLEN